In den letzten Spielen zeigten die 98er eine große Bandbreit an Leistungen, im positiven wie negativen Sinne. Jetzt geht es zu Hause gegen den starken KSC. Welches Gesicht des SVD werden wir sehen?

Darmstadt:

Gegen den VfL Osnabrück zeigten die Lilien sich von ihrer spielerisch unattraktiven aber clever-erfolgreichen Seite. Auf den Heimsieg folge ein Spektakel am Hamburger Millerntor. Dabei verschlief man so ein bisschen die erste Halbzeit, hatte Glück nicht 0:2 zurück zu liegen (das Foul an Dursun war nur von wohlwollenden Beobachtern als solches zu erkennen), nur um dann in Halbzeit zwei aufzudrehen. Allein in diesem Spiel gab es diverse Liliengesichter zu sehen. Auch gänzlich neue, wie dass man plötzlich aus dem Spiel doppelt traf, dafür aber bei Standards vom Pech verfolgt war. Besonders die ruhenden Bälle waren ja eigentlich die überragende Stärke im Offensivspiel. Rein taktisch hatte Markus Anfang trotz des Ausfalls beider Rechtsverteidiger nichts verändert. Lars Lukas Mai sollte hinten dicht machen. Ein Unterfangen, das auf beiden Seiten zum Scheitern verurteilt war. 16 zu 15 Schüsse (fünf zu sechs aufs Tor) pro Darmstadt, ein xG-Wert von 2,9 zu 2,2 pro St.Pauli, die geringe Passgenauigkeit von 68% zu 65% (Vorteil Lilien) und der Umstand, dass die Gastgeber 19 Ballverluste erzwangen, die Partie war ohne Frage wild. Kaum was übrig vom spielerisch schleppenden Auftritt gegen Osnabrück. Scheinbar blühen die Lilien richtig auf, wenn auch der Gegner sein spielbejahendes Gesicht zeigt.

Zumindest kann man aus 98er-Sicht mitnehmen, dass man in einem der besten Zweitligaspiele der Saison eine tragende Rolle spielte. Blöd nur, dass der Vorsprung auf den Relegationsplatz geschmolzen ist. Durch den Sieg der Braunschweiger bleiben noch fünf Zähler. Platz 14 fühlt sich auch nicht gerade toll an. Passt in die allgemeine Lage, dass mit dem KSC der nächste Brocken kommt. Einerseits hat der kommende Gegner einen spielerischen Ansatz, was ja ganz gut für den SVD wäre. Nicht so gut: die Badener sind auch ein echter Angstgegner am Bölle. Die Truppe vom Wildpark ist seit 40(!) Jahren ungeschlagen in Darmstadt. Während man wenigstens auswärts ab und zu gewinnen konnte, so gab es diverse Remis und Niederlagen im eigenen Stadion. Im Mai 1980 gewann der SVD mit 3:0. Seitdem ging nichts mehr. Letzte Saison steht exemplarisch, man spielte in der Liga 1:1 in einem eh schon müden Kick. Dieser wurde im Pokal noch unterboten und die Badener gewannen auch noch 1:0. Der Lichtblick: Im Hinspiel hat man den KSC besiegen können. Wie auch sonst, als mit seinem Spektakelgesicht. Beim 4:3 im Wildpark hatten die Lilien das letzte Wort. Kempes zweites Tor in der Schlussminute besiegelte den großen Auswärtssieg. Sollte sich wieder so eine Partie entwickeln, ist man jetzt wenigstens richtig gut auf offenes Visier vorbereitet.

Karlsruhe:

Letzte Saison wurde es sehr knapp in Baden. Der Klassenerhalt war lange mehr als fraglich für den KSC. Aus der Corona-Pause ging man allerdings als einer der Gewinner. Unter dem neuen Coach Christian Eicher zeigt man sein schönes Gesicht. So schön, dass der Klassenerhalt diese Saison wieder nicht sicher ist, diesmal aber auf die gute Art. Der KSC ist mit 36 Punkten erster Verfolger der 42 Punkte Spitzengruppe. Und das nach dem Kraftakt der vergangenen Saison. Nur mit einem Derbysieg über Stuttgart, einem 3:3 gegen Meister Bielefeld und dem Erfolg am letzten Spieltag mit 2:1 in Fürth rettete man sich auf Rang 15. Die Wende brachte der ehemalige Spieler Eichner, der Alois Schwarz nach vier Niederlagen am Stück beerbte. Und dass, obwohl Schwarz den besten Punkteschnitt bei den Badenern seit den 70er hatte. Nicht Mal Jogi Löw oder der legendäre Winnie Schäfer können da mithalten. Eichners Bilanz kann sich aber auch sehen lassen. In 38 Partien gab 15 Siege bei 55 Treffern. 15 Niederlagen und 53 Gegentore zeigen aber auch, dass es beim KSC gerne hoch her geht. Der Start des neuen Coaches ging gehörig in die Hose als man bei Regionalligist Saarbrücken aus dem Pokal folg, genauso der Start in diese Saison mit drei torlosen Niederlagen. Aber zurück kämpfen hat der KSC unter Eichner gelernt. Im Jahr 2021 zum Beispiel gab es nur eine Niederlage beim 0:1 gegen den Club aus Nürnberg letzte Woche. Der Aufschwung hängt sicher auch mit Top-Stürmer Philipp Hofmann zusammen. Der wollte Anfang der Saison weg, saß nur auf der Tribüne und kam erst ab dem dritten Spieltag zum Einsatz. Ab dann traf er neunmal und legte sechs Treffer auf. Seine Erfolge machen 25% der Karlsruher Tore aus, auf ihn gilt es aufzupassen beim SVD. Vielleicht etwas besser als zuletzt auf Guido Burgstaller oder eben auf Hofmann selbst. Im Hinspiel schlug der Stürmer nämlich zweifach zu, genau wie der Österreicher letzte Woche.

Über die Reise nach Darmstadt werden sich die Badener nicht nur wegen der historischen Serie freuen. Auswärts ist man diese Saison auch allgemein sehr gut. 22 Punkte auf fremden Plätzen sind der Bestwert. Kiel und Fürth haben in der Auswärtstabelle lediglich das bessere Torverhältnis als der KSC. Wie die 98er mag man in Karlsruhe Standards sehr gerne. 14 von 36 Treffern fielen nach ruhendem Ball. Dazu ist der KSC das Team mit den zweitmeisten Schüssen im Fünfmeterraum. 12% seiner Abschlüsse kommen in dieser Zone zu Stande. Dazu gehört man zu den Top drei Teams in Sachen Ballbesitz in gegnerischen Spielfelddrittel. Der KSC dürfte – ähnlich wie der SVD – dominant auftreten wollen. Für die defensive Stabilität im Team ist ein ehemaliger Darmstädter zuständig. Jerome Gondorf räumt auf, 2,3 Tacklings im Schnitt, 1,8 Interceptions 1,2 klärende Aktionen pro Spiel. Dazu ist er mit neun Verwarnungen auch noch der aggressive Leader seines Teams. Aber auch offensiv tritt er in Erscheinung mit drei Toren und 1,1 Schüssen im Schnitt. Er ist unverzichtbar als Verbindungsstück der Mannschaftsteile. Bleibt nur offen, für wen sein Wiedersehen positiv endet. Hält der KSC seine Darmstadt-Serie oder gibt es einen Lilien-Sweep gegen die Badener?